Oft höre ich: „Klangschalen, das ist nichts für mich. Ich habe das schon einmal probiert, aber da wurde ich nur noch nervöser. Nein, danke, diesen Esoterik-Kram brauche ich nicht.“
Aussagen wie diese machen mich neugierig und öffnen oft den Weg zu spannenden Gesprächen. Da sie sich häufig ähneln, habe ich genauer hingehört: Was haben all diese Erfahrungen gemeinsam? Meistens liegt es daran, dass die Menschen nicht entspannen konnten oder einfach falsche Erwartungen hatten.
Wer schon einmal eine gute Klangschalenmassage erlebt hat, weiß: Der Geist wird schnell ruhig, der Körper entspannt. Aber was passiert, wenn das Gegenteil eintritt – wenn Ruhe und Entspannung ausbleiben?
Genau hier zeigt sich der entscheidende Unterschied: Nicht das Instrument ist das Problem, sondern die Art, wie es gespielt wird. Wenn wir mit Klang arbeiten – sei es mit Klangschalen, Gongs, Koshis oder anderen Instrumenten – entscheidet die sanfte, fließende Anspielweise, ob der Klang beruhigt oder eher Unruhe erzeugt. Viele neigen dazu, zu hastig oder zu kräftig anzuschlagen. Doch gerade in der Klangarbeit ist das langsame, achtsame und fließende Anspielen die wahre Kunst. Nur so kann der Klang seine volle Wirkung entfalten.
Was bedeutet „im Fluss“?
„Im Fluss“ zu spielen bedeutet, den Klang sanft und kontinuierlich entstehen zu lassen – wie eine Welle, die sich harmonisch ausbreitet.
- Die Hand bewegt sich ruhig und gleichmäßig.
- Der Anschlag erfolgt ohne Eile, fast von selbst.
- Der Ton darf sich vollständig entfalten und verklingen, bevor der nächste Impuls folgt.
Im Fluss zu spielen heißt, den natürlichen Rhythmus des Lebens im Klang widerzuspiegeln – ähnlich wie Atem oder Herzschlag, die uns stetig begleiten.
Wirkung auf das Gehirn
Unser Gehirn reagiert sehr sensibel auf Klang. Schnelle, abrupte Töne aktivieren das Nervensystem, während langsame, harmonische Klänge eine tiefe Entspannungsreaktion auslösen.
- Gehirnwellen verlangsamen sich: von Beta-Wellen (Alltag, Anspannung) hin zu Alpha- und Theta-Wellen (Ruhe, Meditation, innere Stille).
- Der Geist beruhigt sich: Gedankenkarussells verlangsamen sich.
- Das Unterbewusstsein öffnet sich: Alte Muster können leichter losgelassen werden.
Wirkung auf den Körper
Der Körper schwingt mit den Klängen mit. Werden diese ruhig und fließend erzeugt, kann das Folgendes bewirken:
- Das vegetative Nervensystem beruhigt sich: Herzschlag und Atem passen sich an.
- Stresshormone sinken, der Körper kommt in den Regenerationsmodus.
- Muskeln und Faszien entspannen sich, da keine abrupten Impulse den Körper „aufwecken“.
- Ein Gefühl von Geborgenheit entsteht, da die Klänge Sicherheit vermitteln.
Klang wirkt also wie eine Brücke zwischen Körper und Geist – er bringt beides in Einklang.
Warum die Langsamkeit entscheidend ist
Stell dir vor, du betrittst einen ruhigen See. Wirfst du einen schweren Stein hinein, entstehen chaotische Wellen. Wirfst du jedoch sanft einen kleinen Kiesel hinein, breiten sich die Wellen gleichmäßig und harmonisch aus.
Genauso verhält es sich mit dem Klang: Nur wenn wir ihn sanft und langsam ins Schwingen bringen, entfaltet er seine heilsame Wirkung.
Übung zum Ausprobieren
Nimm eine Klangschale und einen Schlägel:
Übung 1:
- Setze dich bequem hin und atme ein paarmal tief durch.
- Halte die Schale in der Hand oder stelle sie auf eine Unterlage.
- Spiele die Schale ganz sanft an – nur so, dass ein zarter Ton entsteht.
- Warte, bis der Klang fast vollständig verklungen ist und spiele die Klangschale nochmals an.
- Du kannst dies ein paar mal hintereinander durchführen.
- Fühle, was der Klang in diesem Tempo mit dir macht. Entspannt er dich, oder wühlt er dich auf?
Übung 2:
- Spiele die Schale erneut an, diesmal bewusst etwas schneller, mehrmals hintereinander.
- Beobachte, wie dein Atem, Herzschlag und inneres Empfinden jetzt reagieren.
Bei diesen Übungen ist der Unterschied deutlich spürbar. Falls du nach Übung 2 wieder mehr Ruhe und Entspannung wünscht, dann spiele die Klangschale abermals langsam und bewusst an. Und du wirst merken, jetzt langsamer und fließender du spielst, desto ruhiger wirst du innerlich.
Klang lebt von Achtsamkeit. Wenn wir ihn langsam und im Fluss anspielen, wirken die Schwingungen nicht nur als schöner Ton, sondern als heilsame Kraft, die Körper, Geist und Seele in Einklang bringt.